ICH MACHE MIR SORGEN UM JEMANDEN
Der Mythos, dass Menschen, die von Suizid sprechen, nur Aufsehen erregen wollen und nicht wirklich gefährdet sind, ist nach wie vor aktuell. Tatsächlich werden aber ca. 80% der Suizide im Vorfeld direkt oder indirekt angekündigt.
Ausgesprochene Suizidgedanken oder die Sorge, dass jemand aus deinem* Umfeld Suizidgedanken haben könnte, sollten immer ernst genommen werden. Sprich die Person nach Möglichkeit direkt, offen und vor allem wertfrei an und leg deinen Fokus darauf mitzuteilen, dass du dir Sorgen um die betroffene Person machst. Mögliche Bedenken, dass die Person durch das Ansprechen erst auf den Gedanken kommen kann, dass Suizid eine Lösung sein könnte, sind unbegründet. Das direkte Ansprechen sorgt im Gegenteil dafür, dass sie mit ihren Gedanken aus der Tabu-Zone heraustreten kann. Zudem kann bereits ein offenes Gespräch für die betroffene Person eine enorme Entlastung bedeuten.
Menschen in suizidalen Krisen haben immer individuelle Gründe, warum das Leben nicht mehr lebenswert erscheint. Es sollte unbedingt vermieden werden, das Empfinden der inneren Not zu bagatellisieren! Verzichte darauf, mögliche Suizidgedanken vorschnell aus- oder kleinreden zu wollen.
Mögliche Hinweise auf suizidales Verhalten könnten sein:
- Jemand zieht sich zurück und reagiert nicht mehr auf Kontaktaufnahmen
- Wichtige Aktivitäten und Hobbys werden vernachlässigt
- Plötzliche Veränderung der Persönlichkeit oder des Verhaltens:
- Riskantes Verhalten
- Verstärkter Alkoholkonsum
- Vernachlässigung der Körperpflege
- Formulierungen, die von Hoffnungslosigkeit geprägt sind:
- „Das wird nie wieder gut.“
- „Das hat alles keinen Sinn mehr.“
- „Es würde allen besser gehen, wenn ich nicht mehr da bin.“
Auch, wenn jemand plötzlich glücklich und befreit wirkt, nachdem er/sie wochenlang lethargisch, depressiv und suizidal war, kann dies ein Warnsignal sein. In diesem Fall sollte unverzüglich gehandelt werden. Die abrupte scheinbare „Verbesserung“ der emotionalen Situation kann darauf hindeuten, dass konkrete Suizidpläne gefasst wurden.
Bei Jugendlichen könnten zusätzlich folgende Verhaltensweisen Warnsignale für suizidale Tendenzen sein:
- Rasante Verschlechterung der Schulnoten
- Sozialer Rückzug
- Liebgewonnene Gewohnheiten, Dinge oder Haustiere werden plötzlich unwichtig
- Flucht in eine Traumwelt
- Alles-egal-Denken
- Flucht in digitale Suizidforen
Die Phase der Pubertät ist bei Jugendlichen eine krisenanfällige Zeit, da die Identität neu definiert wird, was häufig von Unsicherheit begleitet ist.
Homosexualität oder die Zugehörigkeit zu einer sexuellen oder identitären Minorität (LSBTIQ) ist insbesondere in der Zeit des Coming-out für Jugendliche und junge Erwachsene oft schwierig.
Was du tun kannst:
- Stell Kontakt her und erhalte diesen aufrecht
- Sprich die Person direkt und offen an und teile ihr mit, dass du dir Sorgen machst
- Suizidgedanken wertfrei ernst nehmen, auch wenn du diese aus deiner Perspektive nicht nachvollziehen kannst
- Keine moralischen Bewertungen äußern oder moralische Fragen stellen
- Frag nach, was die Person benötigt
- Biete an, gemeinsam nach Möglichkeiten professioneller Hilfe zu suchen und die Person dorthin zu begleiten
- Die Einschätzung einer tatsächlichen Gefährdung sollte durch Fachleute erfolgen
- Vermeide es, zu viel Druck aufzubauen
- Trefft Vereinbarungen, wie ihr regelmäßig in Kontakt bleiben könnt
Wichtig!
- Auch du selbst kannst jederzeit Beratung in Anspruch nehmen
- Achte auf deine eigenen Grenzen und bezieh weitere Personen mit ein
- Du bist nicht verantwortlich für Entscheidungen und Handlungen der/des Betroffenen
Es ist oft nicht einfach, jemanden davon zu überzeugen, sich professionelle Hilfe zu holen. Such dir Unterstützung im Umfeld und bau nach Möglichkeit ein unterstützendes System auf.
Wenn du den Verdacht hast, dass die Person in den nächsten Minuten oder Stunden Suizid begehen könnte, lass sie nicht allein und zieh nach Möglichkeit weitere vertraute Personen hinzu. Versuch Kontakt zu einem Arzt/einer Ärztin des Vertrauens aufzunehmen oder begleite die Person in eine Klinik. Sollte dies nicht möglich sein, wende dich an den Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes oder wähle bei unmittelbarer Gefährdung den Notruf 112 oder 110. Die Mitarbeiter*innen nehmen vor Ort eine Einschätzung der Situation vor. Maßnahmen wie eine Zwangseinweisung werden als letztes Mittel nur dann ergriffen, wenn eine akute Fremd- oder Selbstgefährdung besteht.
*Da Suizidalität für Betroffene und Angehörige ein sehr persönliches Thema ist und wir Grenzen abbauen möchten, haben wir uns für ein „Du“ in der Anrede entschieden.
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Sozialpsychiatrischer Dienst – Stadt Köln
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